Schiller zwischen Heiliger und Hure. „Die Geliebten Schwestern“

Gestern in „Die geliebten Schwestern“ von Dominik Graf mit Florian Stetter in der Hauptrolle. Sehr guter Film, authentische Dialoge, insgesamt ein gutes Bild der Zeit, des späten 18. Jahrhunderts und ausgehenden Ancien Régime, als die strikten Standesgrenzen im Flusse der Empfindsamkeit sowie der wirtschaftlichen und politischen Umstellungen nach und nach verwischen, und zugleich realistisch aufgemacht für unsere Gegenwart, so dass es zu keinem Zeitpunkt ins langweilende oder marktschreierische Extrem kippt.
Inhaltlich wird der Topos der Ménage à trois des Genies Schiller mit den beiden Lengefeld-Schwestern nachgezeichnet, der schon seit einigen Jahren im Sachbuchmarkt mit viel Spekulation aufgearbeitet wird. Auch dies authentisch, wenn auch mit der allzu deutlichen Absicht, die Legende zu untermauern, wonach die eigentlich spannende Beziehung zwischen Schiller und Caroline v. Wolzogen stattgefunden habe und sogar deren uneheliches Kind von ihm stamme – der Wunschtraum aller Schlampen, die sich in Gedanken einen Schiller wünschen, mit dem sie in der Realität dann heillos überfordert sind, wie eben auch die Wolzogen mit Schillers schwerem Lebensschicksal überfordert war und sich auch, trotz aller behaupteten Leidenschaft, nie dazu entschließen konnte, ihre Ehe mit Beulwitz zu lösen. Dafür war sie dann wohl doch zu sehr auf Stand und Sekurität bedacht.
Ich habe schon meine Zweifel, ob Caroline (Hannah Herzsprung) Schiller überhaupt jemals ‚rangelassen hat. Ihre Schwester Charlotte, dargestellt von Henriette Confurius, tritt in der Darstellung spätestens ab Mitte des Films völlig hinter Caroline zurück, so dass der unbedarfte Zuschauer sich am Ende wird fragen müssen, wieso dann Schiller letztlich sie heiratete und mit ihr, so weit man weiß, auch glücklich war.
Der Film entpuppt sich so doch als Stück aus der Gegenwart, das einem bestimmten Frauentypus ex post doch noch ein Ruhmesblatt für sein durch Egoismus, Feigheit und Borderlinern verpfuschtes Liebesleben pflücken soll. Freilich, wer diese Message durchschaut und richtig einordnen kann, wird dennoch mit einem Gefühl der Zufriedenheit aus dem Kino gehen.

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